800px-Flag_of_Europe.svg
Der Europäische Binnenenmarkt

Das Europäische Harmonisierungskonzept

Historie
In den  Römischen Verträgen vom 25. März 1957 wurde der Grundstein für die Entwicklung der heutigen Europäischen Union gelegt. Verbunden damit war die Errichtung  eines einheitlichen Wirtschafts- und Warenverkehrsraums .Hierfür wurde  das sogenannte Neue Konzept („New Approach“) definiert. Mit diesem Neuen Konzept wurde die Grundlage des Inverkehrbringens von Produkten auf der Basis von zuerst den EWG- und dann später den EG- und den heutigen EU-Richtlinien und der damit verbundenen CE-Kennzeichnung geschaffen.
Die ab 1985 auf der Grundlage dieses „New Approach” entstandenen Produkt-Richtlinien beschränken sich auf sogenannte "Grundlegende Sicherheitsanforderungen". Die  Richtlinien folgten alle den gleichen Strukturen und Sicherheitsphilosophien. Die technische Konkretisierung der Inhalte für die entsprechenden Produkte wird erst durch Regeln der Technik (Normen) definiert. Für die deren Erarbeitung dieser Normen sind die europäischen Normenorganisationen CEN, CENELEC und ETSI verantwortlich.

Der „New Approach“ basiert auf den nachfolgenden Grundsätzen:

    Die Richtlinien erfassen eine große Zahl von Produkten, die gemeinsame Risiken besitzen und wo man daher   gemeinsame Anforderungen beschreiben kann.
    Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Produkte werden in Europäischen Richtlinien nach Art. 94 bzw. 95 des EG-Vertrages festgelegt. Diese Richtlinien sind an alle  EU-Mitgliedstaaten gerichtet und müssen in nationales Recht umgesetzt werden.
    Technischen Details zur Konkretisierung dieser grundlegenden Anforderungen sind in den europäische Normen zu finden; diese werden von den europäischen Normungsinstituten CEN, CENELEC bzw. ETSI erarbeitet, und zwar aufgrund eines Mandates bzw. Normungsauftrages  der EU bzw. EFTA.
    Diese Europäischen Normen werden in jedem EU- und EFTA-Land als nationale Normen umgesetzt.


Anmerkung: Normen haben allerdings keinen gesetzlich geregelten Charakter, ihre Anwendung ist freiwillig. Es ist also auch grundsätzlich möglich, das von der Richtlinie geforderte Sicherheitsniveau auf eine andere Weise zu gewährleisten und nachzuweisen.
Die Elemente der CE-Kennzeichnung bzw. die einzelnen Module zur Konformitätsbewertung wurden später noch in dem Modulbeschluss 93/465/EWG näher definiert:

    Die CE-Kennzeichnung wird vom Hersteller oder seinem Bevollmächtigten angebracht.
    Die CE-Kennzeichnung darf nur auf Produkten angebracht werden, wenn es eine europäische Rechtsvorschrift für         dieses Produkt gibt, in der die CE-Kennzeichnung dieses Produktes vorgesehen ist.
    Durch die CE-Kennzeichnung bescheinigt der Hersteller, dass sein Produkt mit allen europäischen                                  Rechtsvorschriften übereinstimmt, die für dieses Produkt gelten und die eine CE-Kennzeichnung hierfür vorschreiben.

Die Bedeutung des alten „New Approach” als effizientes Rechtsetzungsmodell, das technische Innovation ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der EU stärkt, wurde von den Mitgliedstaaten anerkannt. Die CE-Kennzeichnung wurde immer wieder als „Reisepass für Produkte” im Europäischen Wirtschaftsraum bezeichnet.

Weiterentwicklung durch das „New Legislative Framework”
Die Grundsätze des „New Approach” sollen aber zukünftig auch auf weitere Bereiche angewendet und zusätzlich ein neuer und präziserer Rahmen für die Durchführung der Konformitätsbewertung,Akkreditierung und Marktüberwachung geschaffen werden. Dies erforderte eine Überarbeitung des„New Approach”. Die Ergebnisse dieses Änderungsprozesses liegen jetzt als Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates unter dem Begriff des „New Legislative Framework” vor.
Der alte Modulbeschluss 93/465/EWG wurde aufgehoben und zusammen mit diesem Beschluss 768/2008/EG die EG-Verordnung 765/2008 veröffentlicht, die den Beschluss um die Vorschriften für die Marktüberwachung und die Akkreditierung der Konformitätsbewertungsstellen (benannte Stellen) ergänzt. Durch die EG-Verordnung 765/2008 wird die alte EWG-Verordnung 339/93 aufgehoben.

Inhalte des „New Legislative Framework”
Für zukünftige Richtlinien bzw. für die Überarbeitung vorhandener Richtlinien gilt nun der Beschluss 768/2008/EG. Er enthält unter anderem gemeinsame Grundsätze und Musterbestimmungen für die Anwendung in allen sektoralen Rechtsakten (z. B. der Maschinenrichtlinie, Medizinprodukte- Richtlinie u. a.). Abhängig vom Produkt kann der Gesetzgeber zukünftig unter den verschiedenen Modulen zur Konformitätsbewertung die notwendigen Verfahren aussuchen, die dann möglichst unverändert übernommen werden sollen. Dieser Beschluss bildet einen allgemeinen umspannenden Rahmen für Rechtsvorschriften zur Harmonisierung des Binnenmarktes und enthält zudem verschiedene klare Definitionen für bestimmte grundlegende Begriffe. Bislang wurde in Rechtsvorschriften über den freien Warenverkehr eine ganze Reihe von Begriffen verwendet, die teilweise nicht oder unterschiedlich definiert waren und deshalb nicht zur Rechtsklarheit beigetragen haben.

In der EG-Verordnung 768/2008/EG werden die „Wirtschaftsakteure“ definiert: Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer und Händler.

„Hersteller“: jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet.

„Bevollmächtigter“: jede in der Gemeinschaft ansässige natürliche oder juristische Person, die von einem Hersteller (ob mit Sitz in der EU oder nicht) schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben wahrzunehmen.

„Einführer“: jede in der Gemeinschaft ansässige natürliche oder juristische Person, die ein Produkt aus einem Drittstaat auf dem Gemeinschaftsmarkt in Verkehr bringt.

„Händler“: jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein Produkt auf dem Markt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Einführers.

EU-INfo zu Aufgaben von Hersteller und Händler



Die zukünftige Rolle der Wirtschaftsakteure
Weiterhin werden in dem Beschluss 768/2008/EG allgemeine Verpflichtungen für die Wirtschaftsakteure - dies sind die Hersteller, Bevoollmächtigter, Einführer und Händler - beschrieben, sowie die Vorschriften für die CE-Kennzeichnung festgelegt. Alle in die Liefer- und Vertriebskette eingegliederten Wirtschaftsakteure müssen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um zu gewährleisten, dass nur Produkte in den EU-Markt gelangen, die mit den geltenden Rechtsvorschriften übereinstimmen. Sowohl von den Einführern als auch von den Händlern wird erwartet, dass sie mit der gebührenden Sorgfalt auf die geltenden Anforderungen achten, wenn sie Produkte in Verkehr bringen oder zum Verkauf anbieten.
In dem Beschluss ist eine klare und verhältnismäßige Verteilung der Pflichten vorgesehen, die auf jeden einzelnen Akteur entsprechend seiner Rolle im Liefer- und Vertriebsprozess entfällt. Da bestimmte Aufgaben nur vom Hersteller wahrgenommen werden können, wird klar zwischen dem Hersteller und den in der Vertriebskette nachgeschalteten Akteuren unterschieden, wie z. B. dem Einführer und dem Händler.
Die Pflicht der Hersteller ist zu gewährleisten, dass sie nur Produkte in den europäischen Markt bringen, die sie nach den geltenden Gesetzen/richtlinien entworfen und gefertigt haben. Da der Hersteller den Entwurfs- und Fertigungsprozess in allen Einzelheiten kennt, ist er am besten für die Durchführung des gesamten Konformitätsbewertungsverfahrens geeignet. Die Durchführung einer Konformitätsbewertung bleibt daher auch in Zukunft die ausschließliche Verpflichtung des Herstellers. Auch darf nur der Hersteller das "CE" Zeichen vergeben und die EG-Konformitätserklärung erstellen.
Bringt der Einführer (= Importeur )Produkte aus Drittländern in die EU ein, muss er sicherstellen, dass diese Produkte mit den in der EU geltenden Forderungen übereinstimmen und keine Gefahr darstellen.  Er muss darauf achten, dass das Konformitätsbewertungsverfahren vom Hersteller durchgeführt wurde und dass die Produktkennzeichnung sowie die von dem Hersteller erstellten Unterlagen für die Überwachungsbehörden zur Überprüfung bereit stehen. Der Einführer muss außerdem seinen Namen, seinen eingetragenen Handelsnamen oder eingetragene Handelsmarke und seine Kontaktanschrift auf dem Produkt angeben.

Produktkennzeichnung durch Hersteller/Einführer
Da die Anforderungen an die Herstellerkennzeichnung von Produkten nach dem europäischen Recht und dem deutschen Recht etwas verwirrend sind, wird im Dokument "Mysterium Produktkennzeichnung" diese Problematik näher erläutert.

Der Händler muss dafür sorgen, dass sein Handling mit dem Produkt nicht die Konformität des Produkts negativ beeinflusst, d. h. er darf am Produkt keinerlei Veränderungen durchführen. Er muss überpfüfen, ob das Konformitätskennzeichen und Bedienunggsanleitung vorhanden ist; dass das Produkte eine Identnummer besitzt und der Hersteller benant ist.
Ein Importeur oder Händler, der ein Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke in Verkehr bringt oder ein Produkt so verändert, dass sich dies auf seine Konformität mit den geltenden Anforderungen auswirken kann, gilt als Hersteller („Quasihersteller”) und muss deshalb auch die Verpflichtungen des Herstellers wahrnehmen.
Wenn ein Händler Produkte selber aus einem Drittstaat in die Gemeinschaft einführt, wird er zum "Einführer" und muss dessen Pflichten übernehmen.

Notifizierte Stellen und Marktaufsicht
Neben dem o. a. Beschluss, der erst Eingang in zukünftigen Richtlinien finden muss, steht die Verordnung (EG) 765/2008 mit Bestimmungen zur Akkreditierung und Marktaufsicht, die seit dem 1. Januar 2010 in den Mitgliedstaaten direkt greifen. Je nach Risiko müssen bestimmte Produkte durch eine unabhängige Konformitätsbewertungsstelle, sogenannte „notifizierte” Stelle, geprüft werden. Es zeigte sich jedoch, dass die in den einzelnen Richtlinien enthaltenen Kriterien, die von den Konformitätsbewertungsstellen erfüllt werden müssen, nicht dafür ausreichen, EU-weit ein einheitlich hohes Leistungsniveau der notifizierten Stellen zu gewährleisten. Daher waren verbindliche Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstellen überfällig. Diese Lücke wird nun geschlossen. Die Mitgliedstaaten sind für eine starke und effiziente Marktüberwachung auf ihrem Hoheitsgebiet verantwortlich. Die Marktüberwachungsbehörden müssen mit ausreichenden Befugnissen und Ressourcen ausgestattet werden. Aus diesem Grund wird die Rolle der Marktüberwachung durch die neue Verordnung gestärkt. Zu guter letzt dient die o. a. Verordnung (EG) dazu, die CE-Kennzeichnung vor Missbrauch zu schützen.